Die bekannte Marke, die berühmte MarkeEine bekannte Marke (auch "berühmte Marke" genannt) genießt besonderen Schutz, der über den üblichen Markenschutz hinausgeht. Die Voraussetzungen und rechtlichen Folgen variieren je nach rechtlichem Rahmen in Deutschland, Europa und international.
I. Wann liegt eine bekannte Marke vor?1. Definition und VoraussetzungenEine Marke wird als "bekannt" eingestuft, wenn sie in einem relevanten Teil der Öffentlichkeit (z. B. Verbraucher oder Geschäftskreise) so bekannt ist, dass sie eine gewisse Verkehrsgeltung oder außergewöhnliche Bekanntheit erreicht hat. Voraussetzungen für Bekanntheit:Grad der Bekanntheit: - Eine breite Mehrheit der relevanten Zielgruppe muss die Marke kennen.
- Nach deutscher und europäischer Rechtsprechung wird oft eine Bekanntheit von mindestens 70 % der relevanten Verkehrskreise verlangt.
Ruf und Image: - Die Marke muss mit positiven Eigenschaften (Qualität, Exklusivität etc.) oder einem bestimmten Image verbunden sein.
Marktnutzung: - Die Marke muss intensiv genutzt werden (z. B. durch Werbung, Vertrieb) und eine gewisse Marktstellung haben.
Geografischer Umfang: - In Deutschland: Bekanntheit im gesamten Bundesgebiet.
- In Europa: Bekanntheit in einem wesentlichen Teil der EU.
- International: Bekanntheit in einer relevanten Anzahl von Ländern, abhängig von der Zielregion.
Beweispflicht: - Die Bekanntheit ist im Streitfall durch Studien, Marktforschung, Umsatzstatistiken oder Werbeausgaben nachzuweisen.
2. Beispiele für bekannte Marken:- Deutschland: BMW, Nivea, Adidas.
- Europa: Coca-Cola, Apple, Nike.
- International: Google, McDonald's, Samsung.
II. Rechtliche Folgen einer bekannten Marke1. DeutschlandRechtliche Grundlage:- Markengesetz (MarkenG), § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG:
- Eine bekannte Marke genießt Schutz nicht nur vor identischen oder ähnlichen Waren/Dienstleistungen, sondern auch vor unlauteren Nutzungen bei unähnlichen Waren/Dienstleistungen.
Erweiterter Schutz:Schutz vor Verwässerung: - Verhinderung, dass die Unterscheidungskraft der Marke durch die Nutzung einer ähnlichen Marke geschwächt wird.
- Beispiel: Ein Unternehmen nennt seine Luxusautos „Rolls“, was die Bekanntheit der Marke „Rolls-Royce“ schädigen könnte.
Schutz vor Rufausbeutung: - Verbot, von dem positiven Image einer bekannten Marke zu profitieren.
- Beispiel: Nutzung eines ähnlichen Logos für Modeartikel, um vom Prestige der Marke „Gucci“ zu profitieren.
Schutz vor Beeinträchtigung des Rufs: - Verbot von Handlungen, die den Ruf der Marke schädigen könnten.
- Beispiel: Verwendung der Marke „Chanel“ für minderwertige Produkte.
2. EuropaRechtliche Grundlage:- EU-Markenverordnung (UMV), Art. 8 Abs. 5 und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c:
- Schutz für EU-Marken, die in der gesamten EU oder einem wesentlichen Teil davon bekannt sind.
Erweiterter Schutz:Verbot der Verwechslungsgefahr: - Gilt auch bei unähnlichen Produkten oder Dienstleistungen, wenn die Gefahr besteht, dass der Verbraucher eine Verbindung zwischen den Marken herstellt.
Schutz der Unterscheidungskraft und des Rufs: - Schutz vor Rufausbeutung, Verwässerung und Rufschädigung.
- Beispiel: Ein Unternehmen bewirbt ein Produkt mit dem Namen „Apple-Fitness“ – dies könnte die Unterscheidungskraft der Marke „Apple“ schädigen.
Schutz unabhängig von der tatsächlichen Nutzung: - Eine bekannte Marke benötigt keinen Nachweis der Benutzung in allen EU-Mitgliedstaaten, sofern sie in einem wesentlichen Teil der EU bekannt ist.
Voraussetzungen für Bekanntheit in der EU:- Die Marke muss in einer relevanten Anzahl von EU-Mitgliedstaaten bekannt sein, wobei „wesentlicher Teil“ auch ein großer Mitgliedstaat (z. B. Deutschland oder Frankreich) sein kann.
3. InternationalRechtliche Grundlage:- Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ), Art. 6bis:
- Verpflichtet die Mitgliedstaaten, bekannte Marken auch ohne Eintragung zu schützen, wenn sie im Land eine gewisse Bekanntheit genießen.
- TRIPS-Abkommen, Art. 16 Abs. 2 und 3:
- Schutz bekannter Marken unabhängig von ihrer Registrierung.
Erweiterter Schutz:Schutz ohne Eintragung: - Bekannte Marken genießen in PVÜ- oder TRIPS-Mitgliedstaaten Schutz, auch wenn sie dort nicht eingetragen sind.
- Beispiel: Die Marke „Coca-Cola“ kann in einem Land geschützt werden, selbst wenn keine nationale Eintragung besteht.
Geltung bei unähnlichen Waren: - Schutz gegen Verwässerung, Rufausbeutung und Rufschädigung auch bei unähnlichen Waren.
- Beispiel: Ein Unternehmen kann untersagt werden, Parfüm unter der Marke „Toyota“ zu verkaufen.
Schutzanforderungen variieren: - Jedes Land kann eigene Maßstäbe für den Nachweis der Bekanntheit anlegen (z. B. Marktanteil, Werbung).
III. Zusammenfassung: Rechtliche Unterschiede und SchutzbereicheSchutzbereich | Deutschland (MarkenG) | Europa (UMV) | International (PVÜ, TRIPS) |
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Bekanntheitsgrad | Bundesweite Bekanntheit (ca. 70 % der Zielgruppe) | Bekanntheit in einem wesentlichen Teil der EU | Relevante Bekanntheit im jeweiligen Land | Schutzumfang | Schutz auch für unähnliche Waren/Dienstleistungen | Schutz bei unähnlichen Waren/Dienstleistungen | Schutz unabhängig von Eintragung | Besonderheiten | Schutz vor Rufausbeutung und Verwässerung | Schutz unabhängig von Nutzung in allen Mitgliedstaaten | Schutz ohne nationale Registrierung |
IV. Praktische Auswirkungen für MarkeninhaberErweiterte Rechte: - Markeninhaber können gegen jede Nutzung vorgehen, die den Ruf, die Unterscheidungskraft oder das Image der Marke beeinträchtigt.
Erleichterte Rechtsdurchsetzung: - Bekannte Marken können auch ohne Verwechslungsgefahr geschützt werden.
Nachweispflicht: - Markeninhaber müssen die Bekanntheit der Marke nachweisen (z. B. durch Marktstudien, Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen).
Vorsicht bei der Verwendung: - Dritte müssen bei der Nutzung von Begriffen oder Designs, die bekannten Marken ähneln, besondere Vorsicht walten lassen, da der erweiterte Schutz schnell greifen kann.
Bekannte Marken genießen somit einen umfassenden Schutz, der weit über den üblichen Markenschutz hinausgeht und für Markeninhaber eine bedeutende wirtschaftliche Absicherung darstellt. |